Eigenheim gesucht, vergessenen Künstler gefunden
Gerhard Graf Museums | |
Micaela Bals, Dr. Hansjürgen Bals | |
Telefon: | 0 33 27/56 70 36 |
Website: | www.gerhard-graf.de |
Per Zufall zum Museum!
Stand: Juni 2018
Per Zufall zum Museum, das passierte einer Familie, als sie auf der Suche nach einem Eigenheim war!
Dabei stießen Micaela Bals und Dr. Hansjürgen Bals auf ein „verwunschenes Grundstück“ am Plessower See. Die sehr abenteuerliche Recherche nach dem Eigentümer brachte sie ins entfernte Schweden.
Haus aus Schweden
Dort trafen sie in Stockholm auf Katrin Müller-Graf, die
damals stolze 92 Jahre alt war. Sie schloss das Ehepaar offenbar sofort ins Herz.
„Sie bot uns Haus und Grundstück am Plessower See zum Kauf an, nahm uns aber gleichzeitig in die Pflicht, den Nachlass ihres Vaters Gerhard Graf zu pflegen“, gibt das Ehepaar Einblick.
Das war für sie mehr als eine Überraschung, denn beide sind keine ausgewiesenen Kunstexperten.
Lehrerin und Kämmerer
Micaela Bals ist vielmehr
Studienrätin und hat zuletzt an einem Oberstufenzentrum Englisch und Deutsch unterrichtet. Ihr Ehemann war
Kämmerer in der 75 000-Einwohnerstadt Dorsten bei Recklinghausen und arbeitet jetzt am Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam. „Als Jugendliche hatte ich bei der Königlichen Porzellanmanufaktur als Malerin angefangen, doch dann erschien mir der Lehrerberuf attraktiver“, gibt Micaela Bals Einblick ins frühzeitige Ende ihrer eigenen Kunstkarriere.
Bildersammlung im Künstler-Haus
Nun ist sie Kuratorin des einzigen „Gerhard Graf Museums“, das es weltweit gibt. Es ist im früheren Atelierhaus des Malers untergebracht, das die Familie liebevoll aus dem Dornröschenschlaf geweckt hat. Hier hat der Künstler, der 1883 in Berlin geboren wurde, von 1926 bis 1948 gelebt und gearbeitet. Dieses Atelierhaus war 1932 in Nachbarschaft zum Wohnhaus von 1926 entstanden.
Die Landhäuser sollen aus
der Feder von Otto Rudolf
Salvisberg stammen, der ein renommierter Architekt in Berlin war. Er zeichnete außerdem für das „Landhaus Kyser“ verantwortlich, das Grafs Schwager Otto Kyser wenige Grundstücke weiter bauen ließ. Es ist heute denkmalgeschützt und ebenfalls im Besitz der Familie Bals. Sie möchte es gerne der Öffentlichkeit als „Katholischer Familientreff“ zur Verfügung stellen.
„Leider hat sich diese Möglichkeit in Werder noch nicht sehr
herumgesprochen“, bedauert Micaela Bals.
Städtemaler
„In unmittelbarer Nachbarschaft wohnte übrigens zeitweise der bekannte Maler Max Pechstein. Mit ihm als Mitglied der Künstlervereinigung „Die Brücke“ hatte Werder damit sogar einen Vertreter des aufkommenden Expressionismus in der Stadt.
In so ziemlich allen Zimmern des früheren Atelierhauses von Gerhard Graf, das in der DDR zeitweise als Schule
genutzt worden war, sind an den Wänden Bilder des neuentdeckten Havelmalers zu finden. „Seine Schwerpunkte waren Landschaften, zu denen ihn seine neue Heimat inspirierte, sowie Städteansichten. Insbesondere New York hatte es ihm angetan. Sein Stil wird
als ‚Gemäßigter Deutscher
Impressionismus‘ bezeichnet“, hat Micaela Bals herausgefunden. „Als Städtemaler schuf er Bilder, die einen
wichtigen dokumentarischen Wert haben. Dort sieht man Metropolen wie Berlin, Potsdam oder Hamburg vor den Zerstörungen durch den 2. Weltkrieg“, schildert Dr. Bals einen weiteren wichtigen Punkt im Schaffen des Künstlers.
Prominenten-Treff
Das „Landhaus Graf“ mit
seinen im mediterranen Weiß gehaltenen Gebäuden und
der reizvollen Terrasse mit Blick auf den Plessower See war Treffpunkt für Schüler von Gerhard Graf. Er war hauptberuflich Kunsterzieher am feinen Grunewald-Gymnasium. Es betrieb auf der Insel in Werder ein Landschulheim. So lud Gerhard Graf öfter seine Klasse zu sich nach Hause zum Malen ein.
Zudem war das Anwesen ein Treffpunkt für angesagte Künstler der Weimarer Republik. Davon zeugt das Gästebuch mit den vielen liebevollen Einträgen und historischen Fotos, das Familie Bals als wichtiges Zeitzeugnis
hütet. Unter den Besuchern soll beispielsweise der Maler, Grafiker und Karrikaturist George Grosz gewesen sein, der früh die Gefahr des aufkeimenden Nationalsozialismus erkannte und mit seinen Plakaten und Collagen dagegen ankämpfte. Das Künstlerehepaar Annot Trier und Walter Trier soll hier ebenso die freigeistige Atmosphäre genossen haben wie der
Komiker Karl Napp, der
Kabarettist Bruno Fritz und der Zeichner Hans Kossatz. Ebenfalls oft zu Gast war Schwager Wilhelm Blanke, der wie Graf malte.
4 000 Gemälde, 400 Zeichnungen
Das Ehepaar Bals nimmt die neue Aufgabe sehr ernst.
Viele Bilder ihrer Sammlung stammen aus dem Nachlass von Katrin Müller-Graf, die 2009 in Stockholm mit 98 Jahren gestorben ist. Weitere Werke sind Leihgaben oder wurden von dem Ehepaar auf Auktionen ersteigert. Inzwischen wurde eine „Gerhard Graf Gesellschaft“ ins Leben gerufen, die den Sitz in Werder im „Landhaus Graf“ hat. Sie wird von Dr. Hansjürgen Bals geleitet. Er hat sich die Mammutaufgabe vorgenommen, ein Werkverzeichnis des Künstlers zu erstellen: „Wir gehen von etwa 4 000 Gemälden und an die 400 Zeichnungen aus“, beschreibt er den beachtlichen Umfang der Aufgabe. Die entsprechende Internetseite gibt Einblick ins Leben des wiederentdeckten Künstlers, der vor 60 Jahren verstorben ist. Dies geschah tragischerweise während des Besuchs bei der Tochter in Schweden!